The Die Ellen-White-Untersuchung

Ein Ende aller falschen Hoffnung

Kapitel 10

Wie man Geschichte verändert

Walter T. Rea


Der letzte der fünf großen Bände der Entscheidungsserie — Propheten und Könige — wurde 1916 veröffentlicht, im Jahr nach Ellens Tod (sie war beinahe achtundachtzig Jahre alt geworden). Es setzte das bekannte Schema fort — das Abschreiben von anderen Autoren, die ihr in dem Thema vorausgegangen waren — , ein Schema, das mehr als siebzig Jahre lang einen sicheren Verkaufserfolg gewährleistet hatte.1 Dieses Buch war nicht eines ihrer berühmtesten, vielleicht deshalb, weil es eine begrenzte Zeitperiode oder ein eng umrissenes Thema behandelte, über das nicht viel veröffentlicht worden war und wovon sie daher wenig hätte abschreiben können. Das Buch enthält mehr Bibeltexte als irgendeines ihrer anderen Werke, und viele Textfüller wurden verwendet, um es auszudehnen, wenn das Material erschöpft war.

Man könnte glauben, dass das Abschreiben mit Ellens Tod beendet gewesen wäre. Aber so sollte es nicht sein. Willie White hatte andere Pläne — und diese legte er in seiner Anfrage an das Exekutivkomitee der adventistischen Generalkonferenz in einem Brief vom Oktober 1921 dar:

Jahrelang hatte [sie] immer wieder dargelegt, es sei ihr Wunsch, dass wir jene Teile ihrer Schriften zusammenstellen sollten, die unseren Leuten zeigen würden, dass die Prinzipien der Gesundheitsreform ein Geschenk Gottes an das Volk der Siebenten-Tags-Adventisten waren …

Einige Male, als Mutter mit mir, Bruder Crisler sowie Robinson über die Arbeit sprach, die wir nach ihrem Tod tun sollten, bezog sie sich auf dieses Buch über die Gesundheitsreformbewegung als eines der wichtigsten Werke, denen man Beachtung schenken sollte …

Ein anderes Werk, das Schwester White veröffentlicht haben wollte, für das unter ihrer Aufsicht Material gesammelt wurde und über das sie uns instruierte, es so bald wie möglich nach ihrem Tod fortzuführen, ist eine Auswahl ihrer Predigten, die sie während ihrer zweijährigen Arbeit in Europa hielt. Sie wünschte, dass dies im Zusammenhang mit einem kurzen Abriss ihrer Arbeit in Europa gedruckt werden sollte … Es wäre eine wertvolle Ergänzung unserer gemeinschaftseigenen Literatur in der französischen, deutschen, schwedischen und dänischen Sprache.

Falls diese Zusammenstellung unter der Beaufsichtigung von Mutter gemacht worden wäre, hätte sie mit der gleichen Autorität wie ihre anderen Werke veröffentlicht werden können. Da wir jedoch nicht in der Lage waren, dies noch rechtzeitig unter ihrer Aufsicht zu tun, wird es notwendig sein, sie unter anderen Bedingungen herauszubringen.2

Welch ein Jammer! Da es der verstorbenen Ellen nicht möglich war, zu „überwachen“, was im Laufe von siebzig Jahren zusammengetragen worden war, musste man einige Anstrengung unternehmen, um die Gläubigen davon zu überzeugen, dass das, was nach ihrem Ableben von der Konfektionsstange kam, immer noch von Ellen war und im Namen Gottes geschah.

Es ist heute kaum einem Gläubigen möglich zu unterscheiden, welches Material vor ihrem Tode geschrieben und veröffentlicht wurde und welches erst danach. Niemand glaubt, dass es notwendig ist, eine solche Unterscheidung zu machen. Falls Ellen jemals einen Gedanken ins Auge fasste oder sogar andere bat, dies zu tun (einschließlich Willie), so müsse die Behandlung dieses Punktes mit Gottes Willen übereinstimmen, und das Material müsse ebenfalls von Gott sein — jede Diskussion darüber sei unnötig, sagen sie. Ellen glaubte und lehrte, dass ihr Material leben und sprechen würde, solange die Erde besteht. Sie erreichte im Zeitablauf eines Menschenlebens ein Niveau bei ihren Anhängern, das keiner der Schreiber der Bibel jemals zu seiner Zeit erreicht hatte. Weiter noch, sie hatte eine Gleichstellung mit der Bibel erreicht. Es war Teil ihres dargelegten Glaubens, dass solches geschehen sollte:

Überreichliches Licht ist unserem Volk in diesen letzten Tagen gegeben worden. Ob mein Leben verschont wird oder nicht, meine Werke werden fortwährend sprechen, und ihre Wirkung wird andauern, solange die Zeit währt. Mein geschriebenes Werk ist im Büro aufbewahrt, und selbst wenn ich nicht mehr leben sollte, werden diese Worte, die mir vom Herrn gegeben worden waren, immer noch Leben haben und zu den Menschen sprechen.3

Für Adventisten würde der Vorhang vor dieser Frau des 19. Jahrhunderts und ihren Schriften niemals fallen. Ihre wandelnde Interpretation der „letzten Gemeinde“ in Matthäus 24, ihr Ändern des Datums des zweiten Kommens Jesu, ihr Öffnen–Schließen–Öffnen der Türen der Gnade, ihre Veränderung der Stellung des Heiligtums — es würde niemals ein Ende der Veränderungen geben, solange die Brüder daran festhalten konnten, dass alles sei, wie es immer gewesen war. Die Topverkäufer hatten den Rahmen vorgeprägt, und ihre Gemeinden würden das Werk von Ellen für alle Zeiten kaufen und kaufen und kaufen. Neues Licht würde in neuen Intervallen geliefert werden, wann immer die Gelegenheit danach verlangte. Instruktionen würden ausgehändigt werden, wann immer die alten verschlissen waren. Neue Ziele würden gesetzt, wann immer die Gläubigen unruhig wurden. Neue Slogans würden erfunden, um die vorigen zu ersetzen. Alles würde im Namen Gottes durch Ellens Feder geschehen — sogar lange Zeit nachdem Tatsachen belegten, dass Ellen, mit einer Menge erfolgreicher Hilfe, den Großteil ihres Materials von anderen entwendet hatte und tatsächlich eine literarische Kleptomanin war, wie ein Schriftsteller berichtete:

Als Schwester White umherreiste, um ihre Gedanken über Hygiene darzulegen, sagten Zuhörer öfters zu ihr: „Deine Rede klingt ganz wie Dr. Jackson“, so dass sie einige Schwierigkeiten hatte zu erklären, dass sie niemals etwas von Dr. Jacksons Gesundheitsmagazin Laws of Life, das der Nachfolger von The Letter Box war, gehört hatte, bis nach ihrer Offenbarung vom Juni 1863, noch jemals ein anderes Werk von Dr. Jackson gelesen hatte. Dies mag wahr gewesen sein, ohne die volle Wahrheit zu sein. Ohne Zweifel wusste Mrs. White, wie Dr. Jackson Bruder Hines wieder auf die Füße brachte. Im Januar 1863, als zwei Kinder der Whites an Diphtherie erkrankten, stieß Bruder White glücklicherweise auf einen Brief von Dr. Jackson, der im Yates County Chronicle (herausgegeben in Penn Yan, New York) abgedruckt war und seine Methode für die Behandlung von Diphtherie, angepasst an den Hausgebrauch, angab. Beeindruckt wandten die Whites die Methode an, und ihre Kinder wurden gesund. Falls es den Anschein hat, dass Mrs. White sich weigert, eine Schuld anzuerkennen, so können wir dies wohl auch von Pater Graham und Dr. Alcott behaupten. Und Mrs. White war konsequent. Sie übertrug das gleiche kluge Verhalten auf ihre literarischen Arbeiten, die später viel Unmut erzeugten und ihre Kritiker dazu brachten, grobe Ausdrücke für sie zu verwenden — wie „literarische Kleptomanin“.4

Wie geschah dies alles? Es war nicht unähnlich dem, was an dem Verstand und der Psyche der „wahren Gläubigen“ aller Zeiten verübt wurde. Wer begann mit den Kreuzzügen, jenem antiken Ansturm zum Wahnsinn? Wer ließ das erste Blut in den heiligen Kriegen der Vergangenheit fließen? Wer starrt immer noch aus dem einäugigen „Röhrenmonster“ heraus in das Wohnzimmer, feuer- und schwefelspeiend aus allen Kanälen, die Werbung für den Himmel zulassen? (Hier bezieht sich der Autor auf die religiösen Fernsehsendungen der USA, Anm. der Redaktion.) Die Topverkäufer der Psyche natürlich — die Göttlichen, die Kirchenmänner, die Männer in Predigerroben — diejenigen, denen die Unwissenden, die Schuldbeladenen und die Furchtsamen ihre Seelen verkauft haben. Die Getreulichen ziehen immer noch durch die Straßen und läuten die Türglocken, um andere zu infizieren. Sie nähern sich den Fremden an den Straßenecken mit ihrem Diebesgut. Oh, sie mögen wissen oder nicht, dass das Material, mit dem sie im Namen ihrer Heiligen hausieren gehen, nicht von Gott kam — aber das macht keinen Unterschied mehr. Der Punkt, der den Unterschied ausmacht, ist der, dass sie glauben, es käme von Gott; dies ihre Berufung untermauere und sie von den anderen als die Gerechten absondere.

Geistliche jeglicher Richtung kennen diese Formel. Generationenlang haben sie das Licht von anderen überliefert, die der Idee glaubten und sie perfektionierten, dass ihr Glaube, ihre Gruppe, ihre Auslegung und Deutung die einzig wahre unter den vielen sei. Mit diesem Gedanken, sicher in das Gedächtnis der wahrhaft Glaubenden hineingepresst, können nun die Geistlichen anfangen, ihren „Klan“-Plan zu präsentieren — ihren echten Glauben in der attraktivsten Verpackung darzubieten.

In hohem Maße besteht der Erfolg aller Geistlichen darin, dass sie die Gemeinde zu der Überzeugung bringen, die entsprechenden drei Kriterien zu besitzen, nämlich die Sorgfalt, die Ausbildung und die Verbindung zu dem Allmächtigen.

Es mag für jene zutreffen, die ihren Körper hergeben, um sich an einer dunklen, heidnischen Küste verbrennen zu lassen, oder für solche, die all ihre Güter herschenken, um die Armen zu ernähren, damit es so aussieht, als ob sich doch jemand um die Mitmenschen sorgt.5 Aber jene, die sich sorgen, sind sehr wenige und sehr verstreut. Beobachtungen zeigen, dass sich sehr viele Geistliche nicht wirklich um so etwas kümmern. Nur wenige tätigen noch Hausbesuche, wie der Typ des alten Hausarztes zum Beispiel. Wenige beten noch mit ihren Gliedern über deren Probleme; wenige verstehen noch die Bedürfnisse der Menschen; noch weniger wissen, wie diesen Bedürfnissen zu begegnen ist. In der heutigen Welt mit bezaubernden religiösen Fernsehsendungen, berühmten Stars in der Radiosendung und der zuverlässigen Lüge in der Werbung, haben diese Topverkäufer ein Produkt zu verkaufen — und die Religion zahlt ihren Straßenhändlern sehr gut. Worum sie sich kümmern, sind die gleichen normalen Alltagsbedürfnisse, wie sie auch andere Sterbliche in jedem Beruf haben oder erfüllen wollen. Um diese, ihre Bedürfnisse zu befriedigen, verwenden sie ihre meiste Zeit und den Großteil ihrer Talente. Diese These wird im Fall adventistischer Führungskräfte unterstützt, wenn man die Namen der in Interessenkonflikten verwickelten Personen in Listen findet.6

Es ist wahr, die Geistlichen haben eine Ausbildung oder spezielle Unterweisung erhalten. Aber eine Ausbildung in was? Oftmals ist die Ausbildung eine in der Kunst der Magie, der Mythologie, vom Unsichtbaren und dem Irrealen. Wenn sie gezwungen wären, beim Arbeitsamt der jeweiligen Stadt in einer Reihe um eine Arbeit anzustehen und ihr Fachgebiet als wertvoll für die Menschheit darstellen sollten – wer würde sie beschäftigen? Für welcherart Arbeit wären sie geeignet? Was könnten sie tun, um für sich selbst und die Gesellschaft nützlich zu sein, außer ihrer Anziehungskraft natürlich? Oftmals sind diese Topverkäufer der Psyche bereits in den Dreißigern, bevor sie ihre „weiterführende“ Ausbildung beendet haben. Sie begegnen der Zukunft mit

  1. einem Berg von Schulden (für den Besuch eines College),
  2. einer Frau (was für ihren Beruf erforderlich ist), und
  3. zwei oder drei Kindern (nicht erforderlich, aber oftmals auf ihrem Lebensweg durch versehen in die Welt gesetzt).

Dann entdecken sie, daß sie lebenslang eingesperrt sind (oft in einer Position, von der sie selbst wissen, daß sie nicht für sie geschaffen ist) und daß sie in ernste Gefahr geraten, wenn irgendwelche ihrer Gedanken aufkommen, die die des Systems durchkreuzen. Je enggezogener der Plan des Klans ist, unter dem sie arbeiten, um so kleiner ist ihre Chance zu überleben, wenn sie versuchen sollten, irgendeine Idee, die das System bzw. der Klan nicht akzeptieren, an den Mann zu bringen.

So werden sie zu den frohen Streitern der Religion. Sie verkaufen die Vorstellung, daß sie Verbindungen hätten, die sie und alle ihre Freunde als erste in die Schlange an den himmlischen Toren einreihen wird. Wenn dich jemand in das zukünftige Leben zum Großhandelspreis befördern kann, dann sind sie es. Tetzel war nicht der Erste und nicht der Letzte, der Ablässe verkauft hat, noch hatten (oder haben) die Katholiken ein Monopol an himmlischen Konzessionen. Alle Topverkäufer verkaufen die Vorteile ihres bestimmten Markenartikels. In den Kulten und Sekten geht es um die Denkweise ihres Heiligen und was von jenem Heiligen verlangt wird, um gerettet zu werden. In den größeren und länger bestehenden Formen der Religion ist es der Plan des Klans, die Mutterreligion, der Glaube der Urväter, das wahrhafte Licht.

Diese ganze Ware kann nur durch die Topverkäufer der Psyche verpackt und verkauft werden, denn seit uralten Zeiten haben die Menschen die Vorstellung jener abgekauft, daß sie – und nur sie – die wahren Verbindungen zum Richter „dort oben“ haben. Somit sind die Geistlichen diejenigen, die die Gedanken Gottes formen und gestalten, die die Schlüssel des heiligen Petrus aufbewahren – der Menschen letzte große, helle Hoffnung für die Ewigkeit.

In Wirklichkeit verkaufen sie Furcht – Furcht vor dem Hier und Jetzt, genauso wie vor dem Zukünftigen. Für ein Kind kann Glückseligkeit das Holzpferd eines Karussells bedeuten. Sie kann aus den Augen der Aufrechten beim Ehegelöbnis leuchten oder in einer herzlichen Umarmung eines betagten Paares beim Sonnenuntergang gefühlt werden. Aber Furcht muß von den Göttlichen erzeugt und als die Wahrheit in die Gedankenwelt der Gläubigen umgesetzt werden. Wie sein Zwilling die Schuld, muß die Furcht aus der Unwissenheit über das Unbekannte geformt und gestaltet werden – aus dem andauernden Streben nach dem Unbekannten und dem Nichterhältlichen, dem andauernden Verkauf des Unerwünschten.

Damit sie ihre Verkaufsarbeit richtig vollbringen können, brauchen alle Topverkäufer einen Talisman – ein Objekt, von dem geglaubt wird, es verleihe seinem Träger übernatürliche Kräfte – einen John Bunyan, einen Gulliver, einen Hans Christian Andersen, einen Joseph Smith, eine Mary Baker Eddy, eine Ellen G. White.

Ein Talisman hilft uns, das zu sehen, was wir sehen wollen – einen Heiligen, ein Traumland, etwas „sehr Wichtiges“. In den Händen der Topverkäufer wird der Talisman eine Marionette, die sie manipulieren können, um ihr Publikum in Kontrolle zu halten. Schatten bekommen Substanz, und aus Substanz werden Schatten. In den Händen des Meistermanipulators beginnt die Realität zu schwinden; die Gegenwart wird verwischt. So tauscht der Teilnehmer die Realität von heute für die Furcht und Hoffnung von morgen ein – während nur der Topverkäufer weiß, wie die Fäden gezogen werden.

Am Ende, wenn der Vorhang des letzten Aktes fällt, sind die Teilnehmer und das Publikum nicht mehr zufrieden wie am Anfang; sie werden immer noch durch die Furcht zu einem Ort getrieben, den sie nicht beschreiben können, für eine Belohnung, die sie nie erhalten. Wenn sie rastlos sind, könnten sie davon abkommen, nur um von den Possen einer anderen Marionettenshow gefangengenommen zu werden, die von einem anderen geistlichen Topverkäufer bedient wird.

Gott wurde durch die Topverkäufer der organisierten Religionen immer wieder zerstört – und sie taten dies immer durch ihre Heiligen. Manchmal waren diese Heiligen nicht so sichtbar wie Joseph Smith, Mary Baker Eddy oder Ellen G. White – aber sie sind nichtsdestotrotz vorhanden, ob sie nun die Sprache des Pater Aquinas, der Mutter Maria oder von Schwester White sprechen.

In jedem Fall sind die Heiligen Marionetten, die von den Topverkäufern gebraucht werden, um Kontrolle über das Publikum zu gewinnen. Die Zuhörerschaft lernt zu lachen, wenn die Puppe lacht, und zu weinen, wenn die Puppe weint. Sie lernt zu sehen, was die Puppe sieht, und sich vor dem zu verstecken, was sie nicht zu sehen wünscht. Zeitweise scheint es, daß sich die Zuhörer und die Marionette gleichen – immer in Bewegung innerhalb einer irrealen Welt, einem irrealen Ende zu, wobei weder die Marionette noch das Publikum die Handlung des Stückes wirklich erkennen oder verstehen bzw. den Fortlauf genießen können.

Aber hinter dem Vorhang ist irgendein Topverkäufer der Psyche, der beide – Marionette und Zuhörer – manipuliert; dessen kannst du sicher sein. Die Gage, die nach Hause genommen wird, ist zu groß, um die Show ohne einen Manager weiterlaufen zu lassen. Und wer hat durch die Jahrhunderte ein besserer Manager der Menschen zu sein vermocht als der Topverkäufer mit seinem Marionettenheiligen?

Der Adventismus hatte seine Topverkäufer und seine Marionette – Ellen. Zuerst kam James White, der Autor der „white lie“. Er wusste mehr als irgendjemand anders um die Macht des Produktes, das er verkaufte. Er ermutigte und half Ellen mit ihren ersten Arbeiten und führte sie um viele Fallgruben herum. In seinem Todesjahr (1881) schrieb er Ellen über den Reichtum, der in ihren Schriften lag:

Ich werde ein Bild haben, das leicht für zwei Dollar das Stück verkauft werden kann... Wir müssen gewisse Bücher veröffentlichen. Diese werden wir nicht in Kalifornien oder Battle Creek vollenden, außer wir bleiben dem Büro und seiner Geschäftigkeit fern... Unsere finanziellen Angelegenheiten stehen zum Besten, und es steckt noch Vermögen in unseren Schreibfedern. Auf diese Weise können wir etwas hinterlassen, das viel zu sagen hat, sogar nach unserem Ableben.7

Das Jahr zuvor hatte er geschrieben:

Aber ich muss immer noch dringend bitten, dass wir uns die Zeit nehmen, einige bestimmte Bücher herauszugeben. Wir sind dazu besser befähigt als einige, die den Ehrgeiz haben, den Markt mit ihren Büchern zu überfluten...

Ich ziehe es vor, nichts vom Sanatorium und College zurückzubekommen. Um aber etwas in der Hand zu haben, damit man handeln und auch in anderen Unternehmungen investieren kann, sollten wir großzügig an den Büchern verdienen. Mit dem steigenden Verlangen nach unseren Werken und dem neuen „Way of Life“-Bild werden wir ein Einkommen von einigen Tausend Dollar pro Jahr erzielen, neben der immensen Menge an Gutem, das unser Schrifttum bewirken wird.8

Wie nahe liegen doch Gott und Gold beieinander in der Welt der „white lie“.

James organisierte und erweiterte ihr Schriftwerk zum Nutzen der White-Familie. Als er die Szene der Handlung verließ, wurde sein Platz von seinem Sohn Willie übernommen. In den folgenden Jahren kam Kritik auf, dass Willie oftmals Ellen war.9 Dann, als die Zeit für Willie abgelaufen war, wurde es Arthurs Aufgabe, die White-Legende fortzuführen. Seine Hände hielten die Fäden, die seiner großmütterlichen Marionette Nachdruck verliehen. Sein Einfluss war ein Faktor in der Entscheidung, welche „Wahrheit“ freigegeben wurde, wann und an wen. Seine ausgewählten „Offenbarungen“ von „neuem Material“ über „neue“ Themen hielten die Anhänger all die Jahre hindurch auf der Suche nach besonderem Licht.

Niemand kann erfolgreich die Tatsache in Frage stellen, dass die White-Männer – von James bis Arthur – die Musik auswählten, die Melodie spielten und die Fäden in der Marionettenshow von Ellen G. White zogen. Ellen mag nun versucht haben, ihre Legende zu zerschlagen oder auch nicht, aber eine große Anzahl von Beweismaterial zeigt, dass sie von ihren eigenen Topverkäufern dabei überrollt wurde.

Es gab auch geringere Bühnenregisseure. Wer immer eine Bestätigung für ein gegebenes Thema brauchte, fand sie in Ellen und ihrem Schrifttum. Als J. N. Andrews oder Uriah Smith eine Bekräftigung oder Bestätigung ihrer Theorien und Ideen benötigten, fanden sie einen aufnahmebereiten Markt, wenn ihre Ware durch Ellen verkauft wurde.10 Als Fanny Bolton, Nichte Mary Clough, „Büchermacherin“ Marian Davis und andere ihre Ware durch die Schreibfeder Ellens verkauften, beklagte sich niemand über die „wunderbaren“ Passagen in Werken wie Steps to Christ, Thoughts from the Mount of Blessings und Das Leben Jesu, bis zu dem Zeitpunkt, als sie die verdiente Anerkennung nicht erhielten.

Mit der Zeit glitt die ganze Show aus den Händen – und die Worte aller und jeder wurden nun die Worte Gottes (nicht Ellens) und fortan als unverletzlich angesehen, wie in Stein gehauen oder zumindest in Beton. Die aufgewecktesten der Gründerväter wussten jedoch, dass Ellen nicht all ihr Wissen geradewegs von Gott bekam. Sie hatten selbst einige Fäden in der Hand. Deshalb fürchteten weder sie noch Ellen irgendeine Abweichung vom Felsen der Lehre; denn sie konnten sich ganz gut vorstellen, woher das meiste kam, und sie persönlich wussten, dass Gott nicht der Autor war. James White selbst stellte dies bereits sehr frühzeitig im Review klar – so frühzeitig, dass es bei den Lesern von heute in Vergessenheit geriet:

Jeder Christ hat deshalb die Pflicht, an der Bibel als perfekte Richtschnur für den Glauben und den Dienst festzuhalten. Er ist nicht frei, sich davon abzuwenden und seine Pflichten durch irgendeine der geschenkten Gaben zu erlernen. In dem Moment, wenn er dies doch tut, sagen wir, dass er seine Gabe an die falsche Stelle platziert und dass er eine extreme, gefährliche Haltung einnimmt. Das Wort sollte im Vordergrund stehen (das Auge der Gemeinschaft sollte darauf gerichtet sein) als die Richtschnur, nach der man lebt, und der Brunnen der Weisheit sein, aus dem wir das Geschick „für alle guten Werke“ schöpfen sollten.11

Einige Jahre später schrieb er sogar eine noch aussagekräftigere Feststellung:

Es gibt eine Gruppe Menschen, die entschlossen sind zu behaupten, der Review und dessen Leiter würden die Ansicht von Mrs. White zu einem Test über Lehrpunkte und christliche Gemeinschaft machen. Was hat der Review mit Mrs. Whites Ansichten zu tun? Die Aussagen, die in den Spalten veröffentlicht werden, sind alle der Heiligen Schrift entnommen. Kein Schreiber des Review hat sich je auf sie (Mrs. Whites Ansichten) als Autorität in irgendeinem Punkt bezogen.12

Das Thema dieser „white lie“ mag als Solo angefangen haben, aber bald wurde es ein Duett, dann ein Quartett und schließlich ein ganzer Chor. Heute kann man immer noch den großen Chor hören. Er erreichte bei der Glacier View Versammlung 1980 ein Crescendo, um Desmond Ford zum Schweigen zu bringen, der an Gnade glaubte und nicht an eine jahrhundertelange Untersuchung. Der Adventist Review posaunt immer noch seinen Missklang der Ängste und der Urteilssprüche über all jene heraus, denen die Art der Bewegung der Fäden in der Marionettenshow vielleicht nicht zusagt. Das forsche Summen der Druckpressen – die die ganzen kleinen Details der Anweisungen für die Gläubigen herausspucken, jedes mit einem Zitat oder einem Abschnitt der heiligen Ellen versehen – ist Teil des angeschlagenen Taktes. Durch die Männer der Verwaltung, mit ihrem Bemühen, die „Truppen“ durch einen weiteren Wahnsinnsspurt auf irgendeinen Berg des finanziellen Erstrebens hinaufzupeitschen, geht das Rattern des Trommelschlags im Takt weiter.

Aber über den Lärm und das Toben erhebt sich der Gesang und das Gemurmel der Hunderte und Tausende von „wahren Gläubigen“. Jetzt wissen nur noch wenige genau – oder interessieren sich überhaupt –, wer der Komponist war, bzw. wie das Oratorium zustande kam. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nur wichtig zu fordern, und auch einfacher zu glauben, dass die gesamte Show in jedem unendlich kleinen Detail von „oben“ durch Ellens Bücher geplant und geleitet wurde.

Nur die Adventisten müssen noch, genauso wie viele „wahre Gläubige“ und Ungläubige, die Fülle der herrlichen Nachricht erfassen, dass Erlösung schon allen durch das Kreuz dargeboten wurde und wirksam wird durch die Annahme des Herrn Jesu Christi. Um sie wird nirgendwo in den himmlischen Höfen gebettelt noch verhandelt, während Christus draußen vor der Tür 1800 Jahre ausgeschlossen war und die Welt von den Geschehnissen oder den Vergünstigungen der Liebe Gottes durch irgendeine geschlossene Tür abgetrennt war – weder 1844 noch 1984.13

Den „wahren Gläubigen“, der seinen Gott durch einen Heiligen seiner Wahl anbetet, ist der Gedanke schwierig, dass Erlösung umsonst und jederzeit verfügbar ist für jeden, ob nun Frommer oder Sünder, gleichgültig durch welchen Heiligen man Gott anbetet. Dieses bestimmte System der Anbetung durch den Heiligen verlangt Gehorsam gegenüber einer Reihe von Regeln, die durch eine gewisse Gruppe von Topverkäufern ausgedacht wurden, die sich im Schatten hinter der Marionette – ihrem Heiligen – verstecken. Wenn die wahre Botschaft der Bibel verstanden würde, würden diese Verkäufer den Anspruch auf das himmlische Verkaufsrecht verlieren, das sie durch ihre Marionette verkaufen, um ihre Gläubigen zu kontrollieren. Es würde ihrem System nicht förderlich sein, falls der „wahre Gläubige“ das wirkliche Verlangen aller Zeitalter, den König aller Propheten, nämlich Jesus Christus, den Sohn Gottes, entdecken würde. Dies wäre für alle Zeit das Ende aller nicht endenden großen Kämpfe in ihrer aller Leben.

Anmerkungen

  1. Siehe "Anhang zu Kapitel 9", dort Prophets and Kings.
  2. Generalkonferenz der STA, Exekutiv-Komitee, an W. C. White, 3. Oktober 1921, S. 5.3.
  3. Ebd., S. 3.
  4. Carson, Gerald: Cornflake Crusade, (New York: Arno Press, 1976), S. 73.
  5. I. Korinther 13:23.
  6. Adventist Layman Council, SDA Press Release, (ca. Januar 1981).
  7. James White an Ellen G. White, 18. Februar 1881.
  8. James White an Ellen G. White, 17. April 1880.
  9. [Kellogg, John Harvey]: "An Authentic Interview... on October 7th, 1907."
  10. Siehe "Anhang zu Kapitel 9", dort Prophets and Kings.
  11. White, James: Review, 21. April 1851.
  12. White, James: Review, 15. Oktober 1855.