The Die Ellen-White-Untersuchung

Das hohe Regal—Patriarchen und Propheten

Kapitel 5

Wie man Geschichte verändert

Walter T. Rea


Die Jahre von 1860 bis in die 1880er waren lebhafte Zeiten für Ellen und ihren Stab. Sich vielleicht an das Buch erinnernd, welches ihr J. N. Andrews gegeben hatte, holte sie Paradise Lost vom "hohen Regal" herab und ging daran, an ihrer Vision vom großen Kampf zu arbeiten — die nicht nur das Thema eines Buches, sondern der vollständigen vier Bände von The Spirit of Prophecy (Vorgänger der Entscheidungsserie) werden sollte.[1]

John Miltons Paradise Lost war eine große Hilfe für sie. Seine Ideen vom Kampf für Gerechtigkeit in den "oberen" Gerichten, wie einige seiner Aussagen, waren so lebhaft zu einem Geflecht verwoben worden, dass sogar heute noch einige Leute Alpträume beim Lesen haben. Ellens Geschichte erweiterte Miltons Poesie und nahm nicht nur den Krieg im Himmel, sondern auch den Krieg auf Erden auf, vom Anfang bis zum Ende. Satan ist größtenteils damit beschäftigt, wo immer es Gott erlaubt, hier und dort in menschliche Belange vorzustoßen, und er verursacht eine allgemeine Verwirrung, bis er seinen Auftritt in den letzten sieben Plagen (der Vernichtung der Erde) und den letzten Ruf vor dem Vorhang (zum Feuermeer) erhält.

Nun, dies mag einigen vertraut klingen — und so war es auch. Andere, auch Bibelschreiber, hatten dieses Thema auf einem höheren oder niedrigeren Niveau gebraucht. Aber Ellens Leser sollten denken, dass ihre Schilderungen glänzender, klarer und authentischer waren als alles zuvor. Der Review und andere adventistische Werbezeitschriften verkündeten ihre Schriften und "Visionen" als das Größte aller Dinge.[2] Demgemäß, man höre und staune, begannen die Leute zu kaufen. Der allererste Band von The Spirit of Prophecy (1870) sollte dem allgemeinen Rahmen ihres vorhergehenden Druckes von dem kleinen Spiritual Gifts folgen, aber mit großen Ergänzungen.

Nicht nur in der Theologie hatte Ellen Dinge gesehen, die andere zuvor möglicherweise sahen oder nicht sahen. Zu dieser Zeit begann sie, in die Gesundheitsmaterie vorzustoßen. In diesem Bereich, wiederum wie bei Miltons Paradise Lost, war das "hohe Regal" eine Hilfe. Einige ihrer Zeitgenossen damals waren Autoren im Gesundheitsbereich, wie Jackson, Trall, Coles, Shew, Graham, Alcott und andere.[3] Mit einigen hatte sie mehr als eine beiläufige Bekanntschaft und es war die Rede davon, dass sie nicht zurückgab, was sie nahm, — was übereinstimmend mit einem Lexikon Diebstahl wäre. Zu dieser Kritik erwiderte sie:

Es war im Hause von Bruder A. Hillard, am 06. Juni 1863 in Otsego, Michigan, als das große Thema der Gesundheitsreform vor mir in einer Vision eröffnet wurde. Ich besuchte Dansville nicht bis August 1864, 14 Monate nachdem ich die Schau hatte. Ich las keinerlei Arbeiten über Gesundheit bis ich Spiritual Gifts Band III, IV und "Appeal to Mothers" geschrieben hatte und die meisten meiner sechs Artikel in den sechs Nummern von "How to Live" entworfen hatte. Ich wusste nicht, dass solch ein Schriftstück wie "Laws of Life", veröffentlicht in Dansville, New York, existierte. Ich hatte von den einzelnen Werken über Gesundheit noch nichts gehört, die von Dr. J. T. Jackson geschrieben worden waren und von anderen Publikationen aus Dansville, zu der Zeit, als ich meine oben erwähnte Schau hatte. Wenn ich Freunden vortrug, als ich in Michigan, New England sowie im Staate New York arbeitete und gegen Rauschmittel und Fleisch sprach und Wasser, frische Luft und eine passende Diät favorisierte, wurde oft erwidert: "Du sprichst ganz wie die in 'Laws of Life' gelehrten Ansichten und andere Veröffentlichungen von den Doktoren Trall, Jackson u.a. Hast du diese Schriften und Arbeiten gelesen?" Meine Antwort war nein und ich sollte sie nicht lesen, bis ich meine Schau ganz niedergeschrieben hatte, damit nicht gesagt werden könnte, ich hätte mein Licht über das Gesundheitsthema von Ärzten und nicht von Herrn erhalten.[4]

Andere wie zuvor im Falle von Paradise Lost gaben zu verstehen:

Die Information, welche Frau White von der "Quelle der Wahrheit" erhielt, schien in Übereinstimmung mit solchen Wahrheiten zu sein, die von anderen entdeckt worden waren.[5]

Ellen würde sagen, wie Enkel Arthur nahezu hundert Jahre später unterstellen sollte, dass sie die "Wahrheit" zuerst erhalten hatte — auch wenn spätere Studien zeigen würden, dass die Ideen und die Ausdrucksweise weitgehend die gleiche seien, wie andere sie zuerst benutzten. Es mag sich vielleicht um die alte Streitfrage handeln, was war zuerst da, das Huhn oder das Ei? Ellen sagte:

Und nachdem ich meine sechs Artikel für "How to Live" geschrieben hatte, untersuchte ich dann die verschiedenen Arbeiten über Hygiene und war überrascht, diese in einer so nahen Harmonie mit dem zu finden, was mir der Herr offenbart hatte. Um diese Übereinstimmung zu zeigen und das Thema, wie es von fähigen Schreibern herausgebracht wurde, meinen Brüdern und Schwestern vor Augen zu stellen, entschloss ich mich "How to Live" zu veröffentlichen, wobei ich größtenteils aus den betreffenden Werken zitierte. [Sperrung ergänzt][6]

Roland L. Numbers gelang mit Prophetess of Health eine empfehlenswerte Arbeit, in der er aufzeigt, dass Ellens "zitierte" Stellen sehr viel vom Ganzen ausmachten.[7]

Nicht nur an den Aktivitäten im Gesundheitsbereich, sondern auch an den "Zeugnissen" wurde Kritik geübt. Es gab Personen die glaubten, dass James White seine Frau beeinflusste und möglicherweise seine Ideen durch sie ausdrückte, Sie war ein magisches Siegel, um Dingen Autorität zu verleihen. Er schätzte es nicht, wenn andere das Gleiche mit ihr taten:

Sie ist demütig und muss zärtlich behandelt werden, sonst kann sie gar nichts tun. Die Br. Haskell und Butler haben einen Einfluss auf sie, den ich gerne gebrochen sehen würde. Sie wurde beinahe zu Grunde gerichtet. Es muss von uns nicht geduldet werden, dass diese Männer tun, was sie getan haben bis alle unsere Prediger völlig entmutigt waren. Junge Männer sind vom Predigtamt wegen ihren engen, blinden Ansichten abgehalten worden.[8]

John Harvey Kellogg, ein Schützling der Whites, hatte jahrelang fast die gleichen Probleme. Zu viele, dachte er, taten zu viel im Namen der Inspiration durch Ellen und ihre Schriften. Jahre später, als er von einigen Männern der Gemeinde interviewt wurde, sagte er:

Ich will euch noch etwas anderes erzählen, über das ihr nicht Bescheid wisst. Es geht um ein Zeugnis, das ich von Schwester White habe, welches weder sie noch andere solch veröffentlicht haben. Diese Männer schnitten öfter große Teile heraus, die Schwester White geschrieben hatte, welche Sachverhalte in ein Licht stellten, das nicht das Vorteilhafteste war, oder in jener Weise nicht mit ihren Kampagnen übereinstimmten, so dass sie sich frei fühlten, diese herauszutrennen und die Wirkung und den Grundton der ganzen Sache veränderten, es aber unter Schwester Whites Namen herausbrachten.[9]

Was er anscheinend zusammengefasst sagen wollte, ist, dass einige Herren einen Stempel mit Ellens Namen erlangten und nun alles Mögliche mit diesem Lifen versahen. Später, im Interview, stellte Kellogg in einigen Fällen William C. White, einen Sohn Ellens, als Missetäter heraus:

White White erhielt diese Briefe und nahm einen Absatz hier, einen Absatz dort und einen Absatz von dem anderen, fügte sie zusammen, machte etwas daraus und sandte sie, mit seinem eigenen Namen versehen, hinaus. Es ist ein "Zeugnis" von Willie. Wenn du das Dokument betrachtest, wirst du feststellen, dass mit ihrem Namen überhaupt nicht unterschrieben ist, sondern Willie hat es aus Briefen, die Schwester White an jene persönlichen Freunde geschrieben hatte, zusammengestellt. Jetzt ist es mit Willies Namen unterschrieben und nicht mit ihrem. Und doch ist jenes Stück in ganz Europa und über die ganze Welt verbreitet und wird in der Öffentlichkeit als ein Zeugnis des Herrn gelesen. Das ist der von mir genannte großartige Schwindel, der verübt wurde; die Predigerschaft und der ganze Apparat der Gemeinschaft haben sich dazu erkoren, Betrügereien und Schwindel unter den Leuten zu begehen. Wenn die Wahrheit sich bekannt wäre, würde es die ganze Gemeinschaft in Schande und Missachtung bringen.[10]

Jahre später würde argumentiert werden, dass die Aussagen des guten Doktors gemacht wurden, nachdem er sich mit den Whites und der Gemeinde entzweit hatte und dass darum seine Bemerkungen nicht zuverlässig wären. Es würde gefolgert werden, dass er tieferliegende Motive hatte und nicht als ein qualifizierter Zeuge in Erwägung gezogen werden sollte, obwohl es anerkannt wurde, dass er ein genauso gutes Ansehen hatte wie diejenigen, die noch in ihren Positionen waren und dass er das Vorrecht hatte, in hohen Ausschüssen zu sitzen und persönlich Ellen sehr nahe stand. Kritik an Kellogg könnte dann berechtigt sein, wenn er dies als einziger gesehen und gesagt hätte. Aber er war nicht der einzige.

William S. Sadler, ein anderer sehr bekannter Arzt und persönlicher Freund der White-Familie, machte sich ebenso Gedanken über die angewandten Methoden und die im Namen von Ellen und der Inspiration dargebrachten Ausreden. Im April 1906 erinnerte er sie an einige Probleme, die er über die Jahre hinweg in ihren Schriften und ihrem Verhalten bemerkt hatte. Dieser Brief wurde geschrieben, während er immer noch ein besonders eifriger Anhänger und Unterstützer Ellens war, und in Erwiderung auf ihre eigene Einladung, Fragen zu stellen. Er, wie auch andere, hatten Ellens Stimme gehört. Aber wie Isaak vor ihm, fand er heraus, dass die Hände die Hände eines anderen waren — Will Whites. Sadlers Aussagen machen es klar, dass ein gutes Geschäftsgebaren über zwanzig Jahre oder länger tätig wurde:

Eine andere Sache: Willies Einfluss auf die Zeugnisse. Ungefähr vor 20 Jahren kam ich zur Wahrheit und just bevor ich durch Bruder W. N. Covert getauft wurde (vor ca. 18 Jahren), legte ich meine Meinung über die Zeugnisse fest. Kurz gesagt, ich akzeptierte sie. Aber von diesem Tag bis zum heutigen, besonders die letzten zehn Jahre und hauptsächlich seit deiner Rückkehr von Australien in dieses Land, habe ich es fortwährend von Leitern, Predigern, von einigen an der Spitze der Vereinigung gehört, dass Willie dich in der Erstellung deiner Zeugnisse beeinflusste. Oder, wie es oft bezeichnet wurde, in den "Briefen" die du versendest.

Dieses Gerede hatte nur einen geringen oder gar keinen Eindruck auf mich. Standhaft weigerte ich mich, es zu glauben, Jahr für Jahr. Mir wurde eine Kopie der von dir mit 19. Juli 1905 datierten Korrespondenz gegeben, adressiert an die Brüder I. H. Evans und J. S. Washburn, und seitdem wusste ich nicht, was ich in dieser Sache tun oder sagen sollte. Ich verweise auf folgendes Zitat:

Nachdem ich die Darstellung sah, erwachte ich und ich erwartete völlig, dass die Angelegenheit so stattfinden würde, wie es mir präsentiert worden war. Als Bruder Haskell mir von der Verlegenheit erzählte, in der sie sich befanden, um die Arbeit im Süden voranzutreiben, sagte ich: "Glaube an Gott, du wirst von diesen Treffen die benötigten fünftausend Dollar für den Kauf der Kapelle mitnehmen!"

Ich schrieb einige Zeilen an Bruder Daniells, um vorzuschlagen, dafür etwas zu tun, aber Willie sah keine Möglichkeit, diese Angelegenheit zu verwirklichen; denn Bruder Daniells und andere waren zu dieser Zeit sehr entmutigt in Bezug auf den Zustand in Battle Creek. So sagte ich ihn, dass er die Nachricht nicht weitergeben müsste. Aber ich konnte nicht ruhen. Ich war durcheinander und konnte keinen inneren Frieden finden.

Bitte würdest du mir nicht helfen, dies zu verstehen? Es ist die größte aller Schwierigkeiten, auf die ich in meiner Erfahrung, die Zeugnisse betreffend, gestoßen bin.[11]

Hätte Sadler gewusst, was andere noch in Erfahrung bringen sollten - dass außer der Tatsache, dass Willie seine Finger im Spiel hatte, Ellen und ihre Helfer in ein hochschöpferisches Bücherschreiben mit dem Material von anderen verwickelt waren - wäre er sicherlich noch verwirrter gewesen. Andere warfen in späteren Jahren ähnliche Probleme auf. Aber ihre wie Sadlers Fragen wurden niemals zu jemandes Wissen oder Zufriedenheit beantwortet.

In den 1870er und 80er Jahren machten einige in ihrem Denken einen Unterschied zwischen einem "Zeugnis" (wie etwa ein privater Brief eines Propheten) und dem Material, das von anderen Schreibern kopiert, übernommen und in den Büchern als ihre eigene Schöpfung platziert wurde. Ellen akzeptierte diese Trennung nicht. 1882 schrieb sie der Battle Creek Gemeinde:

Ihr rebelliert gegen Gott ja genauso wie Korah, Dathan und Abiram. Ihr wisst um deren Vergangenheit. Ihr wisst, wie eigensinnig sie entschieden, dass ihr Urteil besser sei, als das des Mose.

Als ich nach Colorado gegangen war, war ich wegen euch so belastet, dass ich in meiner Schwäche um drei Uhr Morgens aufstand, um euch zu schreiben; Gott sprach durch ein tönernes Werkzeug. Ihr möget sagen, dass diese Mitteilung nur ein Brief war. Ja, es war ein Brief, aber vom Geiste Gottes eingegeben, um euch Angelegenheiten in den Sinn zu bringen, die mir gezeigt worden waren. In diesen Briefen, die ich schreibe, in den Zeugnissen die ich gebe, lege ich euch das dar, was der Herr mir präsentiert hat. Ich schreibe nicht einen Artikel in der Zeitschrift, in dem ich nur meine eigenen Ideen ausdrücke. Sie sind das, was Gott vor mir in einer Vision eröffnet hatte - die wertvollen Lichtstrahlen die vom himmlischen Throne her scheinen.[12]

Der Übergang war nun vollendet. Ellen war angekommen. Sie hatte ihre Autoritätsstellung erreicht und diese war nicht in Frage zu stellen. Ihre Briefe, mögen sie privat gewesen oder bald der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sein, ihr Kopieren von anderen, ihre Reden über welches Thema auch, tatsächlich fast alles, das von dem "hohen Regal" kommen könnte, würde nun als von Gott stammend und von seinem Geist gesegnet angesehen werden.

In der Religion hat noch niemand eine so hohe Anforderung an seine Anhänger gestellt, um einen solchen Blankoscheck mit einer nicht bestätigten Unterschrift. Aber sie tat es. Bis zu diesem Tag haben die meisten Adventisten niemals weder ihre Bestätigung in Frage gestellt, noch ihre Fähigkeit, ihrem Anspruch gerecht zu werden. Nicht nur die "Zeugnisse" werden als inspiriert angesehen (einschließlich dessen, was zum Teil bis zu hundert Prozent kopiert war), sondern allen Schriften, von denen man wusste, dass sie sie genehmigt, berührt, oder ihnen sogar nur nahe gekommen war, als sie lebte, wird eine besondere Bedeutung oder "Inspiration" zugeschrieben. Selbst das, was sie nicht übernahm, als sie kopierte, wird für bedeutsam erachtet. Man könnte meinen, dass Ellen - wie Gutzon Borglum (der Bildhauer der Mount Rushmore Gesichter), der vom Tal „ten all die Steinabtragungen dirigierte — mit einer Art himmlischen Radar all das Material dirigierte, welches unter ihrem Namen herausgekommen war, ob sie es nun sah und als ihr eigenes erkannte oder nicht.[13]

Mit solch einer Bestätigung, wie sie niemals zuvor einer Sterblichen gegeben wurde, war Ellen nun bereit, den Ereignissen der Vergangenheit wieder Form zu verleihen und mit ihrer visionären Interpretation der Bibel gleichfalls die Geschehnisse der Zukunft zu formen. Sie hatte bereits 1858 in ihrer ersten taschenbuchgroßen Ausgabe von Spiritual Gifts mit ihrer Idee vom Großen Kampf begonnen. Aber diese kleine Arbeit war nur grob zusammengestellt und sie hatte eine Konkurrenz. Hastings hatte im gleichen Jahr einen Band mit identischem Titel veröffentlicht.[14] Ellens 219-Seiten-Band sah nicht sehr vielversprechend aus. Es wurde nie wie das spätere Buch Der Große Kampf so groß angekündigt im Sinne von Wahrheit und Licht, Form und Inhalt, Prosa und Stil. Aber es stellte einen Anfang dar und würde deshalb benutzt werden.

Sogar für Blinde ist es nicht schwierig zu sehen, dass wenn fortlaufende Offenbarungen, Inspirationen und Instruktionen in einem abweichenden Blickwinkel und Konflikt mit dem Vorausgegangenen stehen, Solch ein Kurs sehr viel ernstere Fragen aufwerfen würde, als die bereits aufgekommenen. Wenn das kopierte Material, wenn die benutzten Autoren, wenn die neuen Visionen oder Instruktionen im Widerspruch mit irgendeinem hauptsächlichen Punkt des Alten stünden, würde dies schwierig zu erklären sein. Inkonsistenz würde sich breitmachen, aber der Sinn der benutzten Methode war es (wie in dem Muschelspiel), die Augen beschäftigt zu halten, während die Hände die Gegenstände so schnell umherwechseln, dass die Anfangssituation vergessen wird. Und das ist, was passierte. Wenige Leser wissen heute, dass Spiritual Gifts der Vorläufer der vier Bände von The Spirit of Prophecy war und sogar noch weniger wissen, dass sich die Herkunft der fünf Bände der Entscheidungsserie auf seinen vierbändigen Vorgänger zurückverfolgen lässt.

Die Bedeutung dieses Fortschreitens darf nicht übersehen werden. Das, was Gott 1858 sagte, musste er 1870 wiederholen, sogar später im Jahre 1890 und so weiter. Nun, da Gott Gott ist, würde dies für ihn kein Problem sein; aber für Ellen und ihr Team war es nicht so einfach. Jeder neue kopierte Autor musste mit anderen, die zuvor benutzt wurden, verflochten werden. Jede neue Erleuchtung oder Vision musste wie ein Zahnrad in alles was zuvor aufgezeichnet worden war, eingreifen. Unstimmigkeiten mussten erfasst werden und entweder eliminiert oder geklärt werden, wenn irgendetwas übersehen wurde; — oft wieder und wieder, in einem Zeitraum von 60 oder mehr Jahren. Es sind jedoch diejenigen, die einen Stilwechsel und eine Fortentwicklung des Gefüges erkennen:

Die ersten gedruckten Visionen waren durch einen naiven Stil charakterisiert und die Hauptanliegen gaben wieder, was man von einer jungen Mystikerin unter den enttäuschten Milleriten erwarten würde. Allmählich entwickelte sich jedoch die Prophetin zu einer anderen Art von Botin und die Entscheidungsserie kennzeichnet das Schaffen einer reifen E. G. White. Tatsächlich ist die Evolution so groß, dass es einigermaßen überraschend ist zu erfahren, dass die gleiche Person zwei so verschiedenartige Bücher geschrieben hat. Sogar die verschiedenen Stufen in der gleichen Serie zeigen auffallende Verbesserungen in Stil und Inhalt. In den letzten Ausgaben mag der Leser ganze Kapitel durchlesen, ohne irgendetwas zu bemerken, was ihm an Visionen erinnert. Herauszufinden, wie diese bemerkenswerte Entwicklung zustande kam ist eine schwierige Aufgabe für den ernsthaften Historiker.[15]

Bemerkenswert in der Entwicklung war die kosmetische Geschicklichkeit, mit der Ellens Team Geschehnisse so neu ordnete, dass Kritik (die kommen würde) nicht dem ganzen Projekt in seinen Anfängen den Boden wegnahm. Als sich dann die Zahl der abweichenden Ansichten in den 1890ern und danach zu einem Crescendo aufbaute, half Ellen die Macht der Legende von ihrer Unbesiegbarkeit (während sie behauptete, sie trüge Gottes Schild) jede Schlacht zu gewinnen, alle Opposition zu vernichten, jeden Andersdenkenden aus ihrer Anstellung zu entlassen (oder aus der Anstellung der Gemeinde) und verbannte im Namen Gottes und der Religion einige der stärksten Charaktere in der medizinischen und theologischen Geschichte der Gemeinde. Kein Wunder, dass 1980, bei dem Glacier View (Colorado) Treffen über Desmond Fords Ansichten, einer der "Fürsten" der Gemeinschaft schrieb:

Die Zeit ist gekommen, kritisch in bezug auf unsere eigene Methode zu sein. Wir als Siebenten-Tags-Adventisten haben uns darin sicher gefühlt, die geoffenbarte Wahrheit erhalten zu haben und was auch immer andere gegen uns sagen mögen, wir haben Gott auf unserer Seite und die Prophetin Ellen G. White. Nun entdecken wir, dass vieles von dem, was sie in Das Leben Jesu und Der Große Kampf schrieb, von anderen kopiert worden war. Wie wissen wir wirklich, was wir zu wissen beanspruchen? Wir sind deshalb gezwungen, Fragen zu stellen, die die Interpretation betreffen...

Es ist eine historische Tatsache, dass die meisten der glänzenden Lichter, die unsere Gemeinschaft verlassen haben, gegangen sind, weil den Schriften von Ellen White eine solche Autorität übertragen wurde,16

Was jener "Fürst" nicht gewusst haben mag, als er den Artikel schrieb, ist, dass nicht nur Das Leben Jesu und Der Große Kampf größtenteils von anderen Schriftstellern abgeschrieben wurde. Ebenso wurden die Anfänge der Anfänge, Spiritual Gifts und dann der erste Band von The Spirit of Prophecy, der Vorläufer von Patriarchen und Propheten (ebenfalls aus der Entscheidungsserie) von anderen Schreibern abkopiert. In dieser Mittleren Fassung der Serie wurde Miltons Paradise Lost eine größere Rolle gegeben. Von den zwei oder drei Seiten in Spiritual Gifts, wurde Miltons Thema zu 37 Seiten erweitert und tauchte manchmal vertiefend in anderen ihrer Schriften auf. Nun, wie auch immer, es wurden neue Autoren gefunden, um die Lücken zu füllen und alles lesbar zu machen,17

Die Brüder waren nicht zurückhaltend, die Wirkungskraft des ersten Bandes von The Spirit of Prophecy zu verkünden.18 Sogar der Name der Serie suggeriert, dass sie die spezielle Billigung Gottes besaß und in den Heimen aller Gläubigen vorhanden sein sollte. Obwohl die neue Ausgabe eine Verbesserung gegenüber dem alten Spiritual Gifts war (ein weiteres Buch mit einem Titel, der göttliche Bestätigung suggeriert), erzielte es nicht den Erfolg, den man von ihm erwartete. Das erweiterte Material begann seinen Siegeszug erst mit der späteren Ausgabe, die unter dem speziellen Titel Patriarchen und Propheten herauskam. Es würde der Eckstein der fünfbändigen Entscheidungsserie werden, die Adventisten benutzen sollten, um den größten Teil der Interpretation, Übersetzung und Bewertung der Heiligen Schrift festzusetzen. In allen Siebenten-Tags-Adventistischen Schulen und Hochschulen als Autorität in Sachen Altes Testament benutzt, wurde Patriarchen und Propheten von den Adventisten als das letzte Wort akzeptiert. Kein Abweichen von dieser Norm wird, in Ansichten die Schöpfung, Geologie, Theologie oder Christologie betreffend, akzeptiert.

Es gab jedoch auch einige problematische Augenblicke mit diesem Buch. In einer alten Ausgabe sah Ellen Jakob und seine Nacht des Ringkampfes in einer Version. In einer späteren Beschreibung jedoch ist das Bild in seinen Details fast das Gegenteil. Beachte hier in den gesperrten Abschnitten der folgenden Beispiele differierende Ansichten:

E. G. White,
The Spirit of Prophecy Band I,
Seiten 118-19
E. G. White,
Patriarchen und Propheten,
Seiten 196-97

Jakobs Unrecht, seines Bruders Segnungen durch Betrug erhalten zu haben, wird ihm kraftvoll wieder vorgeworfen und er hat Angst, dass Gott Esau erlauben wird, ihm das Leben zu nehmen. In dieser Not betet er die ganze Nacht zu Gott. Ich sah einen Engel der vor Jakob stand und ihm sein Unrecht in wahrer Weise darlegte. Als der Engel sich wandte, ihn zu verlassen, hielt ihn Jakob fest und wollte ihn nicht gehen lassen. Mit Tränen in den Augen flehte er ihn demütig an. Er erklärte, dass er seine Sünden und das Unrecht gegen seinen Bruder, die der Grund für die zwanzigjährige Trennung von seinem Vaterhaus waren, tief bereue. Er erlaubte sich, die Verheißungen Gottes und die von Zeit zu Zeit erfolgten Zeichen seiner Gunst ihm gegenüber in der Zeit seiner Abwesenheit von seines Vaters Haus vorzutragen. Die ganze Nacht rang Jakob mit dem Engel, um Segen zu erflehen.

Der Engel schien seine Gebete nicht anzunehmen, da er ständig die Sünden in seine Erinnerung rief und gleichzeitig bemüht war, sich von ihm loszureißen. Jakob war entschlossen, den Engel zu halten, nicht nur mit körperlicher Kraft, sondern ebenso mit der Kraft lebendigen Glaubens. In seiner Not verwies Jakob auf die Reue seiner Seele, die tiefe Demut, die er wegen seiner Verfehlungen gefühlt hatte. Der Engel betrachtete sein Gebet mit augenscheinlicher Gleichgültigkeit.

[Sperrung ergänzt]19

Es war eine einsame, gebirgige Region, der Schlupfwinkel wilder Tiere und das Versteck von Räubern und Mördern. Einsam und ungeschützt, beugte sich Jakob in tiefer Not zur Erde. Es war Mitternacht. Alles, was sein Leben angenehm machen könnte, war weit weg, er war der Gefahr und dem Tode ausgesetzt. Das Bitterste von allem war der Gedanke, dass es seine eigene Sünde war, die diese Gefahr über die Unschuldigen brachte. Mit ernsthaften Tränen und Flehen betete er zu Gott. Plötzlich legte sich eine starke Hand auf ihn. Er dachte, dass ein Feind nach seinem Leben trachtete und er war bemüht, sich aus dem Griff seines Angreifers zu winden. In der Dunkelheit kämpften die beiden um die Übermacht. Nicht ein Wort wurde gesprochen, aber Jakob setzte all seine Kräfte daran und ließ nicht für einen Moment von seinen Anstrengungen ab. Der Kampf setzte sich bis nahe zum Tagesanbruch fort, als der Feind seinen Finger auf Jakobs Oberschenkel legte und dieser auf der Stelle erlahmte. Der Patriarch erkannte nun das Wesen seines Gegners.

[Sperrung ergänzt]20

Solche Diskrepanzen haben unter der adventistischen Geistlichkeit von Zeit zu Zeit Unruhe verursacht, aber nicht viele hilfreiche Antworten sind gegeben worden. Einen Brief von 1943 beantwortend, schrieb Arthur White für das White Estate:

Deine zweite Frage bezieht sich auf eine von dir empfundene Diskrepanz in Jakobs Ringkampf mit dem Engel, wie es in "Patriarchen und Propheten" und den früheren Büchern "Spiritual Gifts" und "Spirit of Prophecy" aufgezeichnet ist. Du fragst nach der offiziellen Erklärung unserer Gemeinschaft zu dieser Sache. Ich bin nicht in der Lage, für die Gemeinschaft zu sprechen. Die Generalkonferenz hat keine Studien zu dieser von dir gestellten Frage betrieben und es ist keine offizielle Verlautbarung erhältlich. Ich denke eine Erklärung zu haben die befriedigend zu sein scheint. Nachdem ich es mit einigen anderen hier besprochen habe, werde ich dir zurückschreiben. Aber wenn ich dies tue, werde ich für Arthur White und nicht für die Gemeinschaft schreiben.

In Kürze werde ich vielleicht um eine Erklärung bitten, über die Art von Inspiration, die einigen Widerstreit in den Berichten über den Dienst Christi gestattet, wie er von den verschiedenen Schreibern des Evangeliums aufgezeichnet wurde.21

Immer darauf bedacht, Probleme, welcher Art auch immer, die in Ellens Schriften vorkamen, mit Problemen, die möglicherweise in den biblischen Schriften vorkommen, zu verbinden, begannen frühe Verteidiger von Ellen, so zu klingen, als ob Gott nicht wahrhaft und genau sein müsste. Zu jener Tendenz haben sie einen neuen Twist hinzugefügt. Gott musste nur sich selbst darstellen und sie würden Jedem erklären, wer er ist, wenn dies notwendig wäre. Dieses Argument wurde in die 1970er Jahre hineingetragen.

Doch man kann die letzte Ausgabe nicht ganz ablehnen. Mit der Hilfe von John Milton, Daniel March, Alfred Edersheim, Frederic W. Farrar, Friedrich W. Krummacher und einem fortwährend wachsenden Stab von Forschern produzierten Finalisten Ellen (und Gott) eine Anzahl von Standardwerken, die über einhundert Jahre als der adventistische Eckstein bestehen sollten. Jenes "hohe Regal", das als Schutz der Prophetin vor Versuchung gedacht war, hatte ebenso eine Vielzahl von Ideen produziert.

Anmerkungen

  1. J. N. Andrews brachte Ellen White eine Kopie von Paradise Lost, als er bemerkte, dass ihre Darstellung der „Großen Kontroverse“ der von John Milton in seinem epischen Gedicht von 1667 ähnlich war. Laut Arthur L. White stellte sie das Buch ungelesen auf „ein hohes Regal“... E. G. Whites Buch The Spirit of Prophecy wurde von der Pacific Press zuerst in vier Bänden (1870-77-78-84) veröffentlicht. Die Review and Herald Publishing Association gab 1969 eine Faksimile-Reproduktion heraus... Schließlich sollte die Entscheidungsserie fünf Bücher umfassen: Der Große Kampf (1888), Patriarchen und Propheten (1890), Das Leben Jesu (1898), Die Geschichte der Apostel (1911) und Propheten und Könige (1916).
  2. Eine editoriale Notiz über die bevorstehende Veröffentlichung des zweiten Bandes von The Spirit of Prophecy, die im Review vom 30. November 1876 erschien, besagte: „Wir sind bereit, von diesem soeben erschienenen Band als dem bemerkenswertesten Band zu sprechen, der jemals von dieser Stelle herausgebracht wurde.“ Der Absatz war mit den Anfangsbuchstaben des Schriftleiters Uriah Smith versehen.
  3. Ronald L. Numbers befasste sich mit den Bemühungen dieser „Gesundheitsreformer“ in seinem Prophetess of Health: A Study of Ellen G. White (New York: Harper & Row, Hrsg. 1976). Ihre Ansichten wurden in Zeitschriften des 19. Jahrhunderts und folgenden Büchern, unter anderen, veröffentlicht: 1) Alcott, William A.: Lectures on Life and Health (Boston: Philips, Sampson und Co., 1853); 2) Coles, Larking B.: Philosophy of Health: Natural Principles of Health and Cure (Boston: William D. Ticknor & Co., 1849); 3) Jackson, James C.: The Laws of Life with Special Reference to the Physical Education of Girls (New York: Fowlers and Wells, 1859); 4) Trall, Russell T.: The Hydropathic Encyclopedia (New York: Fowlers and Wells, 1852).
  4. White, Ellen G.: Brief 2, 1864.
  5. Nichol, Francis D.: Ellen G. White and Her Critics (Washington: Review and Herald Publishing Association, 1951), S. 385.
  6. White, Ellen G.: Christian Experience and Teachings (Mountain View: Pacific Press Publishing Association, 1922), S. 13-15.
  7. Ronald L. Numbers, Prophetess of Health: A Study of Ellen G. White, S. 177.
  8. Brief von James White an Uriah Smith, 2. Dezember 1872.
  9. Kellogg, John Harvey: Interview mit A. G. Daniells, C. H. Jones und W. W. Prescott, 21. Oktober 1907.
  10. Kellogg, John Harvey: Interview, 21. Oktober 1907.
  11. Sadler, William S.: Brief an Ellen G. White, 13. April 1906.
  12. White, Ellen G.: Testimonies for the Church, 9 Bde. (Washington: Review and Herald Publishing Association, 1885-1909), Bd. 5, S. 66.
  13. Provonsha, Jack W., Sabbath School Study, Cinta, 2 de febrero de 1980. Glendale Committee Review, 28-29 enero de 1980.
  14. Hastings, H. L.: Spiritual Gifts (Rochester: H. L. Hastings, 1858).
  15. Cottrell, Raymond F.: „The ’Later’ Ellen G. White“, Spectrum 10, Nr. 2 (August 1979): 2-13.
  16. Desmond Ford: Brief an Robert H. Pierson, 13. Februar 1980.
  17. White, Ellen G.: The Spirit of Prophecy, Bd. 1 (Battle Creek: Review and Herald Publishing Association, 1870), S. 17–19.
  18. Eine editoriale Notiz über The Spirit of Prophecy, Bd. 1, die in Review vom 13. Dezember 1870 erschien, besagte: „Dieser Band ist ein solches Buch, das in jedem adventistischen Haus gefunden werden sollte.“
  19. White, Ellen G.: The Spirit of Prophecy, Bd. 1 (1870), S. 118-119.
  20. White, Ellen G.: Patriarchen und Propheten (1890), S. 196-97.
  21. Arthur L. White: Brief an Charles A. E. Stewart, 16. August 1943.